Josef Herrmann gründete seine Fabrik für Hobeleisen und Stahlwerkzeuge 1843. Davor war er 6 Jahre lang Werkführer (später Werkmeister) bei Anton Gruber.
Als Gruber 1842 überraschend starb, übernahm Michael Holzer Anfang 1843 dessen Fabriken in Wien und Scheibbs. Schon bald kam es zwischen Herrmann und Holzer zu einem erbitterten Streit: Holzer behauptete in Inseraten im Februar, bei Gruber Werkführer beider Fabriken in Wien und Scheibbs gewesen zu sein. Herrmann widerspricht dem entschieden. Und es spricht einiges dafür, dass Josef Herrmann die Wahrheit sagte, und darüberhinaus er der eigentliche Entwickler der Produktionsmethode war, die dem Privilegium Grubers zugrunde lag. Denn schon am 22. März 1843 erhielt er ein eigenes Privilegium auf "stahlplattirte Werkzeuge", verließ die Gruber'sche Fabrik, kaufte ein Hammerwerk in Miesenbach (in unmittelbarer Nähe) und gründete seine eigene privilegierte Fabrik.
Der Verlust Herrmanns dürfte für Holzer ein ernstes Problem gewesen sein, denn nur 2 Monate später, im Mai 1843, stieg Franz Wertheim, der ein Jahr zuvor in Rehberg bei Krems eine Fabrik für Stahlwerkzeuge gegründet hatte und ein eigenes Privilegium auf "stahlplattirte" Werkzeuge besaß, als Compagnon bei Holzer ein. Ein weiteres Monat darauf übernahm Wertheim das Hammerwerk in Scheibbs allein, Holzer blieb Eigentümer der Fabrik in Wien.
Josef Hermann produzierte anfangs exklusiv für Wertheim, aber schon im Juli 1843 tat er sich mit Wertheims Konkurrenten Johann Weiß in Wien zusammen. In ganzseitigen Anzeigen wird die Zusammenarbeit in Tageszeitungen veröffentlicht, Herrmann bekräftigt darin nochmals, der einzige Werkführer Grubers sowohl in Scheibbs als auch in Wien gewesen zu sein. Außerdem hebt er hervor, dass Grubers Werkzeuge ihren ausgezeichneten Ruf seiner eigenen "einsichtsvollen Leitung und practischen Geschäftskenntniß" zu verdanken hätten.
Auch Herrmanns Fabrikzeichen unterstreicht diesen Anspruch: Es behält die dreizackige Krone Grubers und den Doppeladler bei, ergänzt um seinen eigenen Namen und den Satz "Grubers gewesener Werkmeister". Hier beide Marken im Vergleich.
1845 zeigt Herrmann per Inserat an, eine Niederlage bei S. J. Wanke in Pest (Ungarn) eröffnet zu haben.
Bei der dritten Wiener Gewerbeausstellung 1845 stellt auch Josef Herrmann aus. In einem Bericht der Zeitung "Der Humorist" wird er als "der eigentliche Erfinder der Auflegmethode" und seine Werkzeuge "als vorzügliche Fabrikate" bezeichnet.
​
Das erfolgreiche Privilegium wird in den Folgejahren immer wieder verlängert bis hin zur maximalen Dauer von 10 Jahren. Bis 1877 erwarb Herrmann drei weitere weitere Privilegien auf Verbesserungen an Hobeleisen. Interessant ist dabei die Kundmachung des letzten dieser Privilegien in der "Wiener Zeitung" 1871: Es wird nur unter der Auflage erteilt, dass die "Procedur unter einer Kuppel oder in einem mit einer Glaswand versehenen Herde vorgenommen werde" zum Schutz vor giftigen Dämpfen.
​
1859 tritt das erste Markenschutzgesetz in Kraft, Josef Herrmann war einer der ersten (Nummer 26), der seine Marke registrieren läßt. Wertheim folgt erst eine Woche später.
​
Am 31. Dezember 1863 wird die Firma Josef Herrmann als Einzelfirma im Handelsgericht St. Pölten eingetragen.
Vermutlich ein Jahr später, 1864, erwirbt Herrmann den "Ebenhammer", ein Hammerwerk am Ginselberg in Neustift, und wird damit direkter Nachbar von Franz Wertheim, dessen "Gstettenhammer" auf der anderen Straßenseite stand.
​
Anlässlich der Wiener Weltausstellung 1873 wird Herrmann mit dem goldenen Verdienstkreuz mit der Krone ausgezeichnet.
​
1887 folgt Sohn Anton Herrmann seinem verstorbenen Vater als Eigentümer der Firma nach. Der Firmenwortlaut "Josef Herrmann" wird jedoch beibehalten.
​
1890 tritt ein neues Markenschutzgesetz in Kraft, 1893 registriert Anton Herrmann seine Marke erneut.
Im Jahr 1904 wird Anton Herrmann in den Vorstand des Spar- und Darlehenskassenvereins für Neustift-Scheibbsbach (Anm.: Vorläufer der Raiffeisenbank) gewählt.
​
Anton Herrmann stirbt im Dezember 1905, seine Ehefrau Amalia folgt ihm als Eigentümerin der Werkzeugfabrik nach. Die Protokollierung erfolgt am 13. Juni 1906.
​
1907 heiratet Tochter Anna den Neustifter Fabriksbesitzer Karl Wimmer, die zweite Tochter Amalie heiratet 1909 den Ingenieur Max Harrasser aus Klagenfurt. Sohn Josef wird 1910 Prokurist der Firma.
​
1911 verkauft Mutter Amalie die Firma an ihren Sohn Josef und ihren Schwiegersohn Max Harrasser. Die Firma wird eine offene Handelsgesellschaft, die Prokura Josefs gelöscht.
Im selben Jahr übernimmt die Firma Weiss & Sohn die Werkzeugfabrik D. Flir vorm. Franz Wertheim in Neustift und produziert fortan Hobeleisen und Schneidwerkzeuge selbst. Das bedeutet gleichzeitig das Ende der Zusammenarbeit von Herrmann und Weiss & Sohn, einer Partnerschaft, die fast 70 Jahre Bestand hatte. 7 Millionen Stück Hobeleisen hat die Firma Herrmann seit 1843 für Weiß & Sohn produziert. Mit berechtigtem Stolz schreibt Josef Herrmann in einem Brief an einen Kunden im Jahre 1913, dass die Firma Weiss & Sohn ihren Erfolg zum Großteil der hervorragenden Qualität seiner Produkte zu verdanken hatte.
​
Josef Herrmann heiratet im Mai 1914 Jenny (Eugenie) Schimassek, die Tochter von Oberleutnant Schimassek, eines Teilhabers der Neustifter Firma Gaißmayer & Schürhagl. Zwei Monate später beginnt der 1. Weltkrieg und Josef wird zum Kriegsdienst eingezogen. Er nimmt an 2 Feldzügen teil und wird dann aufgrund seiner technischen Ausbildung Kommandant der K.u.K. Festungsartilleriewerkstätte der Festung Krakau in Polen.
1917 tritt Josefs Schwager Max Harrasser aus der Firma aus, Josef wird Alleineigentümer.
​
1922 klagt die Firma Josef Herrmann das Bundesministerium für Handel und Gewerbe wegen der Löschung ihrer Marke. Das Ergebnis kenne ich leider nicht. (Ich vermute jedoch, dass die Löschung aufrecht blieb. In meiner Sammlung befindet sich ein Hobeleisen mit einer völlig neuen Herstellermarke der Firma Herrmann, die vermutlich nach 1922 die altbekannte Marke ersetzte.)
​
Wirtschaftlich brechen für die Firma Herrmann nach dem Zusammenbruch der Monarchie schwierige Zeiten an. 1929 müssen Besitzanteile sowie das alte Werk in Miesenbach und ein anderes Werkstättengebäude wegen der schlechten Wirtschaftslage verkauft werden. Entsprechende Vermerke dazu finden sich im Stadtarchiv Scheibbs.
​
Josef Herrmann beginnt, sich mit anderen Geschäftsfeldern zu beschäftigen. 1931 meldet er ein Patent auf ein Löt- und Schweißmittel an, das er 1933 aber nicht mehr verlängern ließ.
Indessen nehmen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten immer mehr zu. In den Jahren 1934 und 1936 schließlich wird das letzte verbliebene Werksgebäude, der Ebenhammer, zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben.
Damit existiert die so traditionsreiche Werkzeugfabrik Josef Herrmann nicht mehr.
​
Erst im Jahre 1938 wird das Gebäude tatsächlich verkauft, allerdings nicht mehr von Herrmann selbst, sondern bereits von einer Bank.
Josef Herrmann selbst arbeitet kurze Zeit für die Arbeitsämter Hainfeld und Scheibbs, ehe er sich 1938 als Hersteller von Löt- und Schweißmitteln erneut selbstständig macht.
​
Von 1945 bis 1950 ist er Bürgermeister von Scheibbs.
1949 meldet er erneut ein Patent auf Löt- und Schweißmittel an.
​
1971, im Alter von 83 Jahren immer noch in der Geschäftsführung seiner Firma aktiv, wird Herrmann für seine jahrzehntelange Mitgliedschaft in der Wirtschaftskammer geehrt.
​
Josef Herrmann stirbt am 17. Oktober 1976.